Bericht: Verbandsliga 13. Spieltag
29. März 2015 LIGA
BC Oberhausen – 1. SC Essen 4:4
Wie ein abgekämpfter Marathonläufer am Ende einer Saharadurchquerung stolpern wir ausgezerrt und dehydriert ins Ziel, verheddern uns im Zielband, strangulieren uns fast selbst und freuen uns nach dem Aufwachen im Sauerstoffzelt über den irgendwie gesicherten zweiten Platz – wir haben es echt geschafft, wir qualifizieren uns als Aufsteiger für die Relegationsspiele zur Oberliga, indem wir die beiden entscheidenden Partien jeweils durch den Stadtschreiber und final durch den Captainpräsi für uns entscheiden können. Wenn wir so weitermachen, sind wir in drei Jahren in der Bundesliga! Ein Plädoyer für bewusstseinserweiternde Schmerzmittel…
In der englischen Woche holen sich Ismail und der Stadtschreiber am Vortag beim grünen GST-Turnier in Wuppertal nochmal eine Extraportion Matchhärte, als unser osmanischer Blitz gegen Jurian Heusdens und der Stadtschreiber gegen Miro und Dietmar echte Hochkaräter ärgern können, beide am Ende aber unter ihren Möglichkeiten bleiben – Ostern bei den GST German Open in Rüsselsheim warten dann die nächsten Kracher auf unsere beiden Snookervagabunden, doch dazwischen musste noch kurz Oberhausen in die Schranken verwiesen werden. Und das taten wir dann auch deutlich mit einem 4:4 Kantersieg nach Art des Hauses!
Mit Ismail, Dennis, Xuzhao, Micha und dem Stadtschreiber schlagen wir nach der Zeitumstellung, die auf mehrfache Nachfrage eines Einzelnen öfters erklärt und deren Befolgung auch am Sonntagmorgen durch häufige Kontrollanrufe bei einem Einzelnen kontrolliert werden musste, in der Akademie auf: 5 Aktive und sage und schreibe fast der komplette 1. SC Essen auf den Tribünen sorgen für Gänsehautstimmung bereits beim Warmlaufen, die Lage im Sonderzug der Deutschen Bahn war nach Auskunft der Einsatzleitung angespannt, aber friedlich, so dass Alina, Manfred, Mirko und Sohn, Kurt und Ismails bessere Hälfte fast für Heimspielatmosphäre sorgen, glücklicherweise aber ohne Kaufhaushintergrundmusik.
Wir starten durch die Choreografie unserer Ultras ein wenig abgelenkt entsprechend fulminant mit einer kompletten Pleitenserie in die Partie, als wir mal locker zum Auftakt alle Firstframes verlieren – „Uff, was’n hier los“, denken wir uns, und zumindest Ismail kann durch sein Comeback gegen Herrn Prehn auf 1:2 in Matches verkürzen, Dennis und Xuzhao verlieren ihre beiden Matches ohne Framegewinn. So finden sich allmählich alle Beteiligten am Tisch des Stadtschreibers ein, der gegen Kai M. im Abnutzungskampf feststeckt, sich am Ende aber ein wenig glücklich, aber halt auch durch die eine gelungen Safety mit anschließendem Farbenpicken durchsetzen kann und zum 2:2 einnetzt.
Für die zweite Runde wollen Xuzhao und Dennis unbedingt ihre Scharten wieder auswetzen und weiterspielen, also räumt der Stadtschreiber das Feld für Micha, damit der sich wenigstens für die Hinspielniederlage gegen die Oberhausener Nummer Eins revanchieren kann. Und dieser Plan geht so dermaßen gut auf, dass wir wieder alle Firstframes abgeben und nun schon mit drei Rädern über dem Abgrund schweben – Ismail fängt sich erneut am schnellsten, indem er mehr sich als seinen Gegner besiegt und uns somit die erste und einzige Führung an diesem Tag beschert, Xuzhao gibt leider auch sein zweites Match ab und Michas Vendetta gegen Michael geht natürlich ebenfalls in die Hose, 3:4 gegen uns, die komplette Saison hängt am seidenen Faden – aber unser Nerven-aus-Drahtseilen-Captainpräsi Dennis ist noch am Tisch gegen Fabian, seines Zeichens U21-Landesmeister, gleicht nach Frames aus und wähnt auch Big Data auf seiner Seite: noch nie hat er dieses Jahr beide Matches an einem Spieltag verloren.
Der Decider lebt dann auch nicht wirklich von hoher Spielkunst, sondern mehr von der Spannung, wie schon in der ersten Runde sind alle um einen Tisch versammelt und fiebern mit, und da wir deutlich in der Überzahl sind, beeinflussen wir das kollektive Unterbewusste und alle Karmakräfte in diesem Raum in die absolut korrekte Richtung: Fabian verschießt nicht nur Braun auf die Ecktasche, sondern die bleibt natürlich perfekt für uns in der gegenüberliegenden Tasche mittig im Loch liegen – Dennis zieht den Cueball hernach gekonnt unter Aufbietung aller Verlängerungen, die der Tisch so hergibt, auf Stellung Blau und versenkt Pink matchentscheidend und standesgemäß als Double in die Mitte. Alter Schwede…
Wir sind also eigentlich immer hinterher gerannt heute, haben gekämpft und gerackert und vielleicht etwas glücklich einen Punkt mitgenommen – wir haben auch gegen die Spitzenteam der Liga keinen Sieg geholt, haben gegen Moers und gegen Oberhausen zweimal verloren und nur zwei Remis erreicht, aber: hey, was soll man machen, wir sind Zweiter. Und man stelle sich mal vor, wie es uns ergehen würde, würden wir mit ähnlichem Leistungslevel in irgendwelchen Risikosportarten unterwegs sein: wenn wir so Boxen würden, wie wir Snooker spielen, würde keiner von uns mehr seinen eigenen Namen buchstabieren können – oder wenn wir Autorennen fahren würden, Turmspringen, Fechten, Bobfahren, Skifliegen… Nein, wir haben schon alles richtig gemacht, beim Snookern verletzen wir wenigsten niemanden und gefährden auch keine Unbeteiligten. Wir sind das Italien des Snookersports, wir sind schwer zu bespielen und noch schwerer zu schlagen, was wir machen ist nicht schön, aber erfolgreich – und das ist immerhin besser, als wäre es andersrum 😉
Volker